Eine anerkannte Definition der stillen Entzündung existiert bislang nicht.
Bei Wikpedia (deutsch- und englischsprachig) sucht man nach den Stichworten „stille Entzündung“, „silent inflammation“ oder „low-grade inflammation“ immer nochvergeblich. Dies ist erstaunlich, da sich bei Pubmed immerhin 452 Artikel finden lassen, die „low-grade inflammation“ sogar im Titel tragen. Dabei häufen sich Hinweise, dass zahlreichen Krankheiten durch stille Entzündungen Vorschub geleistet wird. Hier sollen einige Grundlagen zu stillen Entzündungen sowie praktische Diagnostik- und Therapiehinweise vorgestellt werden.
Sie wird u. a. mit einem 2- bis 3-fachen Anstieg von Entzündungsmarkern wie CRP oder TNF-α beschrieben. Epidemiologische Studien belegen aber inzwischen, dass sie Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz, nicht-alkoholische Fettleber oder auch chronische Schmerzen und vorschnelle Alterung begünstigen.
Was sind eigentlich „stille Entzündungen“?
Zunächst einmal: Was sind eigentlich Entzündungen? „Richtige Entzündungen“ zeichnen sich durch die klassischen Entzündungszeichen rubor, calor, dolor, tumor und/oder functio laesa sowie eine erhöhte BSG über 10 mm/h und/oder ein CRP über 5 mg/dl aus. Eine allseits anerkannte Definition der stillen Entzündung existiert bislangnicht.
Eine gefundene Definition beschreibt einen 2- bis 3-fachen Anstieg von Entzündungsmarkern wie CRP oder TNF-α. Doch was sind eigentlich die „Normalwerte“ dieser Entzündungsmarker? Der Grenzwert 5 mg/dl bei der CRP beschreibt lediglich die Grenze zur echten Entzündung.Wirklich Gesunde weisen meist eine CRP von unter 1, ja sogar unter 0,5 mg/dl auf. Der Autor definiert eine stille Entzündung als ein CRP von 1–5 mg/dl beiAbwesenheit von akuten Entzündungszeichen oder einer akuten Entzündung (z. B. grippaler Infekt) in den letzten Wochen.
Folgen stiller Entzündungen
Ein Großteil der heutigen Zivilisationskrankheiten wird durch stille Entzündungen begünstigt. Dazu zählen Diabetes mellitus, Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall, Demenz, psychische Krankheiten, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Allergien, Arteriosklerose, nicht-alkoholische Fettleber, chronische Schmerzen und vorschnelle Alterung und Degeneration.
Einige Forscher sprechen seit kurzem vom sog. „Inflammageing“, was ausdrücken soll, dass Entzündungs- und Alterungsprozesse miteinander Hand in Hand gehen. Hier spielen insbesondere stille Entzündungen eine große Rolle. Diese sind damit Wegbereiter für kognitiven Verfall, Insulinresistenz, Mobilitätsverlust, Arteriosklerose, Einschränkungen des Immunsystems und Krebs. Es werden Studien vorgelegt, die die Beeinflussung stiller Entzündungen durch Omega-3-Fettsäuren, Präbiotika, Probiotika, Antioxidantien und Polyphenole aufzeigen. Außerdem wird die Rolle der Mikrobiota bei Entzündungen diskutiert.
Ursachen stiller Entzündungen
Hauptursachen sind ein Überkonsum an Omega-6-Fettsäuren und Übergewicht. Ein hoher AA/EPA-Quotient fördert Entzündungen. Dieser setzt sich aus zu hohem Omega-6- und zu geringem Omega-3-Fettsäure-Konsum zusammen. Da das Fettgewebe nicht nur ein Energiespeicher, sondern zugleich auch eine höchst aktive Drüse ist (produziertbestimmte Hormone wie z. B. Östrogen und setzt Entzündungsbotenstoffe wie Zytokine und Interleukine frei), fördert Übergewicht ebenfalls stille Entzündungen.
Eine Studie mit 262 Patienten, die in 4 BMI-Kategorien (< 25, 25–30, 30–40, > 40) eingeteilt wurden, fand heraus, dass es eine positive Korrelation zwischen BMI und den Entzündungsmarkern CRP und IL-6 gibt.
Bei der Fettverteilung ist besonders das viszerale Fettgewebe zu beachten. So konnte ein klarer Zusammenhang zwischen Waist-to-hip-ratio und Entzündungsmarkern sowieso Insulinresistenz gefunden werden.
Quelle: Zeitschrift: Erfahrungsheilkunde 4/2018 Thieme Verlag