Schlafstörungen gehören zu den häufigsten Erkrankungen in der industrialisierten Welt.
Normwerte für den Schlaf
Abweichungen müssen nicht pathologisch sein.
- Schlafdauer: 5–9 Stunden
- Schlaflatenz; Zeit bis zum Einschlafen: 1–20 Minuten
- Tiefschlafanteil: 20 %
- REM-Schlafanteil: 20 %
- Anzahl der nächtlichen Aufwachreaktionen: keine konkreten Angaben; oft mehr als 30 pro Nacht, meist nicht erinnerlich
Der durchschnittliche Erwachsene schläft 7–8 Stunden. Dabei durchläuft er mehrere Schlafzyklen (N1−N3 + REM), die jeweils 90−110 Minuten andauern. Der Anteil des REM-Schlafes an diesen Zyklen nimmt zum Ende der Nacht hin zu.
Die Schlafphasen N3 (Tiefschlaf) und REM werden als essenziell bezeichnet. Während in der Tiefschlafphase die körperliche Regeneration im Vordergrund steht, zeichnet sich der REM-Schlaf durch Abbauprozesse von Stoffwechselprodukten des Nervensystems (Neurotransmitter, z. B. GABA) aus. Sind diese Prozesse unzureichend, treten bei Problemen der N3-Phase vorwiegend somatische Symptome wie Wundheilungsstörungen und herabgesetzte Krankheitsabwehr auf. Ist der REM-Schlaf unphysiologisch, kommt es zur Einschränkung der Konzentrationsleistung, des Gedächtnisses, der Informationsbewältigung, des Stressmanagements und möglicherweise auch zur eingeschränkten Triebimpulskontrolle.
Schlafstörung – Komorbidität
Schlafstörungen gehen mit einer erheblichen Komorbidität einher. Häufig sind Konzentrationsstörungen mit erhöhter Unfallgefahr, ein erhöhtes kardiovaskuläres Risikoprofil mit höheren Prävalenzen für Diabetes, Übergewicht/Adipositas sowie Anorexie. Des Weiteren kann die Rekonvaleszenz verlängert sein (Wundheilungsstörungen) und durch einen reduzierten Anabolismus des Immunsystems kommt es zu gehäuften Infekten und Rezidiven (z. B. Herpes Zoster).
Schlafphysiologie in der TCM
Die Einteilung in Abschnitte mit Yang-Dominanz (Aktivität, Wachheit, Vigilanz, Tag, Sommer etc.) und in Zeiten, in denen das Yin die Führung übernimmt (Ruhe, Inaktivität, Nacht, Winter etc.), ist ein grundlegendes Ordnungsprinzip bzw. eine Normkonvention der TCM.
Der Schlaf wird dem Yin zugeordnet bzw. als Yin-Funktion gesehen. Für die Insomnie stellt die Defizienz des Yin (und Xue) und die mangelhafte Kommunikation/Verbindung von Yin und Yang im Bereich der Funktionskreise (Fk, zangfu) einen wichtigen Aspekt dar. Hiervon sind vor allem die o. cardialis (Fk Herz), o. renalis (Fk Niere) und o. hepaticus (Fk Leber) betroffen.
Damit die physische und psychische Entspannung und schließlich der Schlaf eintreten können, müssen sich die konstellierende Kraft (shen), die Geistseele (hun) und die Wehrenergie (weiqi), die sich tagsüber „außen“ befinden, nach „innen“ in tiefere Körperschichten bewegen und dort zur Ruhe kommen. Zu diesen „tieferen Ebenen“ gehören die Leitbahnen (jingmai), die Speicher- und Durchgangsfunktionskreise (zangfu) und das Xue („Blut“). Gelingt dieser „Verinnerlichungsprozess“ nicht, so geht man von Blockaden im Energiefluss aus („traffic jam“). Es kommt zu Einschlafstörungen.
Wenn die „Wege“ frei sind, das stoffliche Widerlager (Yin und Xue) aber keine Grundlage zum Verweilen bietet, so treten am wahrscheinlichsten Durchschlafstörungen auf. Sind die Prozesse im Körper insgesamt in der Dynamik gesteigert (z. B. bei Infektion, einer Entzündung, Alkoholkonsum bzw. durch quälende Sorgen und Ärger), ist der Schlaf insgesamt unruhig, der Patient wird sich viel bewegen, schwitzen und eher früh erwachen.
Ein geeignetes Bild ist ein Kernreaktor: Das Herunterfahren gelingt nicht, wenn der Mechanismus, der die Brennstäbe ins Kühlwasser absenkt, klemmt. Nicht, wenn das Kühlwasser einen zu niedrigen Pegel hat, und ebenso wenig, wenn die Spaltung und damit die Erhitzung zuvor übermäßig wurde.
Lesen Sie den ganzen Artikel in der Zeitschrift Erafrhungsheilkunde 01.2023