Traumata in der Kindheit könnten dazu führen, dass Menschen als Erwachsene schneller altern.
Darauf deuten DNA-Methylierungsanalysen von Frauen und Männern mittleren Alters hin, die als Kinder Opfer von körperlicher Gewalt, Vernachlässigung, Drogenmissbrauch und anderen schädlichen Erlebnissen waren.
epigentische Alterung
Körperliche, verbale oder emotionale Misshandlung, häusliche Probleme, Verlassenwerden oder Vernachlässigung und andere schreckliche negative Erfahrungen in der Kindheit können mit einem schnelleren Alterungsprozess im späteren Leben verbunden sein, so eine neue Studie der Northwestern University. Die Forscher untersuchten 895 Personen, die Mitte der 1980er Jahre geboren wurden, im Alter von 15 Jahren und erneut im Alter von 20 Jahren und stellten fest, dass Personen, die vier oder mehr dieser negativen Kindheitserfahrungen gemacht hatten, mit größerer Wahrscheinlichkeit schneller „epigenetisch“ alterten. Das epigenetische Alter (gemessen mit den Uhren PhenoAge, GrimAge und DunedinPace) zeigt, wie die DNA durch Methylierung und andere chemische Prozesse verändert wird.
Studien zu Traumata in Deutschland
Zwischen 20 und 30 Prozent der deutschen Bevölkerung berichten in großen Studien über Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung oder dysfunktionale Familienumgebungen mit Gewalt oder Substanzmissbrauch. Solche Kindheitsbelastungen haben nicht nur ungünstige Auswirkungen auf emotionale Bindungsfähigkeit und soziale Kompetenzen. Sie hinterlassen auch negative biologisch messbare Spuren im Körper. Dazu zählt etwa die chronische Aktivierung des Stresssystems und die Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung.
Die schädlichen Folgen reichen bis auf die molekularbiologische Ebene, wie die Forschung nachweisen konnte. So finden sich bei Personen, die früh psychische Traumata erlebt haben, verkürzte Telomere – das sind die Schutzkappen an den Enden der Chromosomen. Kürzere Telomere werden mit einer geringeren Lebenserwartung in Verbindung gebracht. Traumatische Erlebnisse lassen unseren Körper schneller altern.
Sie können die Immunabwehr beeinträchtigen, Herzkreislauferkrankungen fördern und die Muskelkraft schneller schwinden lassen, insbesondere, wenn die Traumata zu psychischen Erkrankungen führen.
Sichere Bindung
Doch es gibt Schutzfaktoren, die wir nutzen können. Eine sichere Bindung, positive Erwartungen von Hilfe und Unterstützung in schwierigen Lebenssituationen entwickeln sich in der Beziehung zu Vertrauenspersonen und können diesen negativen Einflüssen von ungünstigen Lebenserfahrungen entgegenwirken. Die Existenz einer solchen Vertrauensperson ist allerdings nicht immer gegeben.
Erfahren Sie mehr zur traumasensiblen Begleitung.
Quelle:
Kim, K., Yaffe, K., Rehkopf, D. H., Zheng, Y., Nannini, D. R., Perak, A. M., Nagata, J. M., Miller, G. E., Zhang, K., Lloyd-Jones, D. M., Joyce, B. T. & Hou, L. (2023). Association of Adverse Childhood Experiences With Accelerated Epigenetic Aging in Midlife. JAMA network open, 6(6), e2317987. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2023.17987