Die drei häufigsten Formen von Haarausfall sind androgenetischer Haarausfall, diffuser Haarausfall und kreisrunder Haarausfall.
Haare gelten als Schönheitssymbol und spiegeln in den Augen vieler Menschen Gesundheit und Vitalität wider. Dennoch ist es normal, dass wir täglich 60–100 Haare verlieren. Jahreszeitlich bedingt kann der Haarverlust im Herbst und/oder Frühjahr kurzzeitig höher sein. Der saisonale Haarwechsel ist aber kein Grund zur Sorge, da die Haare dabei immer wieder nachwachsen.
Wenn jedoch auf einmal büschelweise Haare beim Duschen ausfallen oder morgens auf dem Kopfkissen liegen, ist der Schock groß. Auch wenn die Haare mit zunehmendem Alter immer dünner werden und schließlich endgültig ausfallen, ist der Leidensdruck gerade bei Frauen immens.
Haarausfall kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und behandelt werden. In diesem Beitrag steht zunächst die westliche schul- und komplementärmedizinische Sicht im Fokus. Anschließend sind einige Aspekte aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) aufgegriffen.
Haarausfall – erblich bedingt bzw. androgenetisch
Bei Frauen zeigt sich erblich bedingter (androgenetischer) Haarausfall vor allem durch schütteres Haar im Mittelscheitelbereich, bei Männern durch Geheimratsecken und Haarverlust im Bereich der Tonsur. Als Ursache wird bei dieser Form eine erblich bedingte erhöhte Empfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber DHT (Dihydrotestosteron) angenommen. DHT ist die metabolisch aktive Form des Hormons Testosteron und zählt zu den Androgenen. Unter dem Einfluss von DHT verkürzt sich die Wachstumsphase der Haare. Es kommt zu einer Miniaturisierung der Haarfollikel in den genetisch vorbestimmten Arealen. In diesen Arealen sind vermehrt Androgenrezeptoren vorhanden – das sind entsprechend bei der Frau der Mittelscheitelbereich und bei Männern Geheimratsecken und der Tonsurbereich. Nach dem Andocken hemmen die Androgene die Wachstumsaktivität des Haarfollikels.
Neuere Forschungsarbeiten zeigen zudem einen Einfluss des entzündungsfördernden Gewebshormons Prostaglandin D2. Diese ergaben, dass Haare unter dem Einfluss von Prostaglandin D2 ihr Wachstum einstellen. Das Gewebshormon tritt in kahlen Kopfhautarealen vermehrt auf.
Diffuser Haarausfall
Bei diffusem Haarausfall lichten sich die Haare gleichmäßig auf dem ganzen Kopf. Man unterteilt den diffusen Haarausfall in telogenes und anagenes Effluvium entsprechend der physiologischen Haarwachstumszyklen:
- Anagenphase: 2–6 Jahre, Wachstumsphase
- Katagenphase: 2 Wochen, Übergangsphase
- Telogenphase: 2–4 Monate, Ruhephase
Beim telogenen Effluvium treten die Haare vermehrt von der Wachstumsphase in die Ruhephase ein. Sind Haare in dieser Phase, fallen sie nach etwa zwei bis drei Monaten aus, was bei dieser Form des Haarausfalls verstärkt passiert. Als Ursache kommen Stress, Schilddrüsenstörungen, Beginn oder Absetzen oraler hormoneller Kontrazeptiva, Crash-Diäten, Nährstoffmängel, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Leaky-gut-Syndrom, fieberhafte Infekte, Vollnarkose oder verschiedene Medikamente (Betablocker, Heparin-Spritzen, Retinoiden, Cholesterinsenker) infrage.
Beim anagenen Effluvium fallen die Haare schon in der Wachstumsphase aus. Dann kann bereits kurz nach dem Schädigungszeitpunkt ein rasanter Haarausfall entstehen. Dieser Haarverlust tritt bei manchen Chemotherapien, Bestrahlungsbehandlungen oder auch starken Vergiftungen mit Schadstoffen (Quecksilber, Thallium, Blei, Cadmium, Arsen) auf.
Alopezia areata (kreisrunder Haarausfall)
Der kreisrunde Haarausfall ist nach der androgenetischen und diffusen Alopezie die dritthäufigste Form des Haarausfalls. Hierbei entstehen oft plötzlich kreisförmige, kahle Stellen an Kopfhaut, Augenbrauen, im Bartbereich oder am ganzen Körper. Bei 30 % der Betroffenen tritt nach 6 Monaten eine Spontanheilung auf. Nach einem Jahr sind bis zu 80 % beschwerdefrei. Bisher ist immer noch ungeklärt,
- warum eine Alopecia areata auftritt,
- warum die Haare Zentimeter neben einem Alopezie-Areal normal wachsen und
- warum bei einigen Patienten eine Spontanremission eintritt.
Sichtweise der TCM
Der Kopf ist der yangbetonteste Teil des Körpers. Alle Yang-Meridiane führen zum Kopf. Daher kann es bei exzessiver Hitze oder Fülle schnell zum Aufsteigen der Yang-Energien und zu einem Yin-Mangel kommen. Auch eine Bluthitze oder Stase des Blutes sowie ein allgemeiner Qi- und Blutmangel können zu Haarausfall führen. Je nach Lokalisation des Haarausfalls können unterschiedliche Organsysteme betroffen sein.
Alopezie-Bereiche und entsprechend betroffene Meridiane sind [9]]:
- Stirn und oberer Schläfenbereich: Magen, Dickdarm
- Scheitel: Leber, Perikard
- Seiten: Gallenblase, Dreifach-Erwärmer
- Occiput: Blase, Dünndarm
Das Haarwachstum hängt von der Ernährung durch die Nieren- Essenz und das Nieren-Yin ab. Die Niere manifestiert sich im Kopfhaar. Bei schwacher Nieren-Essenz wird das Haar dünn, brüchig und fällt mit der Zeit aus.
Die Haare werden außerdem durch das Blut ernährt. Der Funktionskreis Milz/Magen verwertet hierfür die feste und flüssige Nahrung, die wir zu uns nehmen. Das Nahrungs-Qi (Nährstoffe) wird von der Lunge mit dem Atem-Qi (Sauerstoff) zum Herzen transportiert. Zusammen mit dem Nieren-Jing (Knochenmark) wird dort das sauerstoffreiche, rote Blut produziert, welches in der Leber gespeichert wird. Für die Verteilung des Blutes sind Leber, Milz und Herz zuständig. Bei einem Qi-Mangel dieser Organsysteme verlangsamt sich die Zirkulation. Alle Körpergewebe wie auch Kopfhaut und Haarwurzeln werden nicht optimal mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, und es kann zu Haarausfall kommen.
Lesen Sie den ganzen Artikel in der DHZ 03.2021